Liebeskummer zum Dessert


Liebeskummer zum Dessert

„Und dann…“, schluchzte sie so laut, dass alle Gäste im Restaurant sich zu ihr umdrehten, „…hat er mit mir Schluss gemacht.“

Rotze lief ihr aus der Nase.

Ich gab ihr eine Serviette aus ägyptischer Baumwolle. Ja, sie wischte sich damit ihren Schnott ab, damit der Rotzfluss es nicht zum Mund schaffte.

„Von Kindern hatte er letzte Woche noch gesprochen“, heulte sie weiter.

„Das tut mir wirklich alles sehr leid, aber ich muss den Tisch abräumen“, sagte ich mit sehr zurückhaltender Stimme.

Sie schlug weinend ihren Kopf auf den Tisch.

Das Geschirr schepperte und man hörte das leise Lied von aneinanderstoßenden Gläsern.

Ich winkte schnell einen Kollegen heran. Wir stapelten in Rekordzeit das dreckige Geschirr und bevor er davonhuschte, bestellte ich noch ein Stück von unserem hausgebackenem Erdbeerkuchen.

Ich stellte ihr den strahlendweißen, mit goldrandverzierten Teller vor die Nase. Auf ihm thronte ein perfekt geschnittenes Stück Erdbeerkuchen mit einem leckeren Klacks frisch geschlagener Sahne.

Ich nahm ihre Dessertgabel, polierte sie noch einmal und hielt sie ihr hin.

Sie sah mich mit ihren rot unterlaufenen Augen an.

Ich lächelte.
Sie verzog irgendwie ihr Gesicht. Es sah aus, als würde es schmelzen aber ich glaube, sie lächelte so zurück.

Die Verlassene schaute auf den Erdbeerkuchen, stach gar liebevoll die Spitze ab, stippte zaghaft durch die Sahne und manövrierte es vorsichtig in ihren Mund. Sie hielt kurz inne.

Und plötzlich, aus dem Nichts, heulte sie wieder los!

Sie ließ die Gabel auf den Tisch fallen, riss ihren Mund weit auf und weinte lautlos vor sich hin.

Alle konnten das zerkaute Stück in ihrem Mund sehen.

Sie tat mir leid.

„Ich muss mich in aller Form entschuldigen, aber wir benötigen diesen Tisch. Die Reservierung nach ihnen ist nicht gewillt zu verschieben. Darf ich sie vielleicht zur Bar begleiten? Wir nehmen ihr Dessert einfach mit.“ Ich stand auf und hielt ihr meine Hand entgegen.

„Schon okay“, sagte sie plötzlich.
„Ich gehe. Ich besorge mir jetzt Eis und werde mich eine Woche in Jogginghose auf meine Couch verkriechen.“ Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und atmete tief und ruhig ein.

Das sah für mich nach einem Plan aus. Ich legte ihr diese nichtssagende schwarze Mappe auf den Tisch und lächelte sie freundlich an.

„Er hat nicht bezahlt?“, schrie sie geschockt durch das ganze Restaurant.

Wütend raufte sie sich ihre Haare, während sie dabei auf den Boden neben den Tisch sank. Tränen liefen ihr wie kleine Sturzbäche aus den Augen.

Das Pärchen, welches vorhin unbedingt auf die Reservierung bestand, hatte sich rückwärts aus dem Staub gemacht. Alle vier Tische, um die Verschmähte herum, wollten jetzt auch zahlen und eilig gehen.

Ein junger Mann kam, kniete sich zu ihr, legte tröstend seine Hand auf ihre Schulter und sagte: „Ich war so frei ihre Rechnung zu übernehmen. Wir sind nicht alle schlecht.“

Wie von einer Wespe gestochen sprang sie auf, sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an und brüllte: „Scheiße seid ihr. ALLE. Verpiss dich!“

Sie schubste ihn zur Seite und stürmte hinaus.

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Eine weitere kurze Geschichte aus dem VHS Kurs. Die Dozentin hatte jedem von uns eine Überschrift gegeben und wir sollten was draus machen, ich kam direkt aus dem Büro, hatte riesen hunger und irgendjemand im Kurs sprach vorher von Erdbeeren. So kam das dann zustande.

Sie hatte ursprünglich ein paar mehr Schimpfwörter, ich habe sie aber leicht „Hausfrauenfreundlicher“ gekürzt, damit sie in unserer örtlichen Wochenendzeitung abgedruckt werden konnte. Meine Mutter hat sie übrigens ausgeschnitten und an ihren Kühlschrank gehangen. Da war ich doppelt Stolz ;)

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